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Nach dem Mega-Taifun

Darum trifft die Katastrophe die Kinder am schlimmsten

Monster-Taifun „Haiyan“ riss auf den Philippinen rund 10 000 Menschen in den Tod, hinterließ Chaos und Zerstörung.

Es ist diese eine Szene, die sich eingebrannt hat in den Tagen der Verwüstung auf den Philippinen. Es ist die erste Szene, an die ich denke, als wollte sie mein Gedächtnis schützen vor all dem Tod und Leid, das wir sahen. Diese Szene: Hinter der zerstörten Kathedrale von Palo kniet mein Kollege und Fotograf Stefano Laura am Boden. „Kai! Komm her! Das musst du sehen“, ruft er mir zu und ich sehe: Zwei Dutzend Kinder, die Kleider nass und zerrissen, die jubelnd und lachend einem Ball hinterherjagen, den sie in den Trümmern fanden. Es ist diese Szene, die mich glauben lässt: Alles wird gut. Für die Opfer von Taifun „Haiyan“, auch wenn es jetzt noch unvorstellbar scheint. Alles wird gut, solange es Hoffnung gibt. Solange die Kinder von Tacloban lachen. Mehr als 5000 Menschen hat das Unwetter nach letzten Zählungen getötet. Wie viele Hunderttausend Häuser, wie viele Existenzen es zerstörte, das ist noch lange nicht klar.

Zwei Wochen nach der Katastrophe unterstützt die BILD-Hilfsorganisation „Ein Herz für Kinder“ bereits eine Reihe von Projekten.

► Ein Hilfsteam (24 Mediziner) von I.S.A.R. Germany, das in einem Feldlazarett in Palo bis zu 30 000 Menschen versorgt. ► 21 Humedica-Helfer, die Medikamente und Hilfsgüter nach Tacloban brachten, wo das Team ein leerstehendes Krankenhaus übernommen hat. ► Die Reparatur des zerstörten „Divine Word“-Krankenhauses der Benediktinerinnen von Tutzing ► Den Kauf von Wellblechdächern und 2500 Moskitonetzen, mit denen LandsAid 500 Familien auf der Insel Cebu hilft. ► Die Verteilung von Reis, Zucker, Salz, Milchpulver, Kraftkeksen, Sardinendosen, Nudeln und Kaffee durch den Verein Hoffnungszeichen an 10 000 Familien. ► Einen Hilfsgüter-Flug von Unicef in die Katastrophenregion. Das ist nur der Anfang. Soforthilfe, damit niemand mehr Schmerzen leidet, hungert oder durstet. Wenn diese Probleme gelöst sind, dann beginnt der Wiederaufbau – mit Hilfe von „Ein Herz für Kinder“. DIE KLEINSTEN TRIFFT DIE KATASTROPHE AM HÄRTESTEN!

„Ganz viele Kinder haben ihre Eltern, Geschwister oder Verwandte verloren. Andere sind von ihren Familien getrennt worden, irren hilflos umher“, sagt Fabian Böckler (29) vom Kinderhilfswerk Plan International.

Im totalen Chaos suchen sie Nahrung, Trinkwasser, Kleidung, einen Platz zum Schlafen. Und das ist besonders gefährlich, denn: „Unter den Trümmern sind viele Tote begraben, es droht der Ausbruch von Seuchen“, erklärt Böckler. „Außerdem fangen jetzt starke Regenfälle an.“

Doch es geht nicht nur um Essen und Trinken!

Gleichzeitig müssen die Jungen und Mädchen vor Kinderhandel und anderen Verbrechen geschützt werden! „Auch psychologische Hilfe ist sehr wichtig“, so Katastrophen-Expertin Heather McLeod (53) zu BILD. Die Krankenschwester arbeitet seit 22 Jahren für die Hilfsorganisation World Vision, ist auf die Betreuung von Kindern in Krisen-Gebieten spezialisiert. „Die Trauma-Arbeit muss unmittelbar erfolgen, um Spätfolgen entgegenzuwirken.“

Warum sind so unfassbar viele Kinder betroffen?

Auf den Philippinen ist es üblich, dass Eltern zum Arbeiten ins Ausland (z.B. in China) gehen, um das Überleben ihrer Familie zu sichern. Sie bringen ihre Kinder bei Verwandten unter, schicken Geld. So wohnen oft sehr viele Kinder in einem Haushalt mit wenig Erwachsenen. Da Tausende von ihnen im Taifun umkamen, sind umso mehr Kinder nun allein.

Dramatisch: Selbst die noch ungeborenen Kinder sind bereits in Gefahr! Im Katastrophen-Gebiet sollen allein in diesem Monat noch 12 000 Babys zur Welt kommen – die meisten Krankenhäuser aber sind zerstört.

Auf den Straßen liegen Leichen, Rebellen greifen Helfer an

Die Philippinen versinken immer mehr im Chaos!

► In der verwüsteten Insel-Hauptstadt Tacloban versuchen Überlebende verzweifelt, vor dem Albtraum zu fliehen. Hunderte Menschen drängen sich vor dem zerstörten Passagierterminal des Flughafens, betteln um die wenigen Plätze in den Transportmaschinen, die Lebensmittel bringen.

Flüchtling Jemalyn Lamberto: „Wenn ein Flugzeug landet, dann kämpft jeder für sich selbst.“

► Rebellen haben einen Hilfskonvoi angegriffen. Soldaten, die den Konvoi begleiteten, eröffneten das Feuer auf die 15 Aufständischen, töteten im Gefecht zwei Angreifer. In Guiuan plünderte eine wütende Menge ein Einkaufszentrum, stahl Lebensmittel, Kleidung, Spielzeug, billigen Schmuck

Ein Polizist: „Wir sind völlig hilflos. Sie sind so viele und wir so wenige.“ Ein Anwohner: „Bewaffnete Diebe streunen herum. Wenn sie herausbekommen, dass du Lebensmittel gelagert hast, werden sie in dein Haus eindringen und dich mit vorgehaltener Waffe ausrauben.“

In ihrer Verzweiflung sind Einwohner auf selbst gebauten Flößen vor der Küste unterwegs, versuchen, mit bloßer Hand Fisch zu fangen.

► Humanitäre Hilfe zu organisieren, ist laut UN-Vertretern ein „logistischer Albtraum”: Straßen, Wege, Flugplätze und Hafenanlagen sind zerstört, es fehlt an allem. Mehr als 20 Länder sagten den Philippinen Hilfe zu.

Deutschland unterstützt das Land inzwischen mit 1,5 Millionen Euro. Die USA und Großbritannien schickten Militärschiffe, um die Hilfs- und Rettungsmaßnahmen zu unterstützen. Ein amerikanischer Rettungspilot zu BILD: „Es steht kein Stein mehr auf dem anderen. Ein achtstöckiges Gebäude ist einfach nach hinten umgekippt.“
Themen: humanitäre Hilfe Naturkatastrophe