Zärtlich küsst das kleine Mädchen die Hand des Vaters. Es ist ein Abschiedskuss. Am Wochenende starb der EDV-Experte an Krebs. Der Tumor in seinem Kopf hat ihn besiegt.
Im November 2003 entdeckten Ärzte im Kopf von Thomas B. (31) aus Potsdam das golfballgroße Geschwür. Zweimal wurde er operiert, musste zwei Chemotherapien machen. Im Oktober war die kleine Familie noch in die Dominikanische Republik geflogen. Sie tankten unter Palmen Kraft und schöpften Hoffnung. Die BILD-Hilfsorganisation „Ein Herz für Kinder“ zahlte die Reise und eine weitere Operation.
Alles vergebens! Im Dezember gaben ihn die Ärzte auf. Vor vier Wochen kam der EDV-Experte ins Sterbehospiz. Ein heller Raum, die Sonne schien durchs Fenster. Fast täglich besuchte ihn seine Ehefrau Dani (32) mit Tochter Angelina (4).
Die Eltern hatten dem Kind alles erzählt. Immer wieder sagte die Kleine tapfer: „Papa, mein Prinz, bald bist du im Himmel. Sei nicht traurig. Hier auf der Erde werden wir dich nie vergessen.“
Nur selten hatte der Vater da noch die Kraft, die Augen zu öffnen. Dann rief seine Tochter freudig: „Papa ist wach.“ Sie versuchte, ihrem Vater in die Augen zu schauen. Doch es drehten sich bloß die Pupillen. Dann erzählte sie ihm, was sie alles erlebt hat: „Ich habe mich heute im Kindergarten ganz schnell angezogen, weil ich zu dir wollte.“ Dabei kuschelte sie sich an ihn, streichelte seine Hand. So lagen sie beide da. Stundenlang.
Letzten Freitag kam der Anruf, vor dem die kleine Familie so schreckliche Angst hatte. „Bitte kommen Sie schnell, es sieht schlecht aus“, sagten sie seiner Frau am Telefon. Ein zusätzliches Bett stand für sie auch schon in seinem Krankenzimmer. „Wir lagen Kopf an Kopf. Als ich meine Hand unter seine schob, drückte er sie kurz. Reden konnte er gar nicht mehr“, sagt seine Frau.
Am Samstag, ihrem letzten gemeinsamen Morgen, schüttelte ihm seine Frau noch mal das Kissen auf und half bei der Rasur. Dann griff sie seine vom Kortison geschwollenen Finger und steckte ihm den Ehering an. Auf den kleinen passte er noch. „Er rollte mit den Augen und hob kurz die Hand. Dann wurde er gelb und blaß“, sagt sie. Sekunden später war ihr Thomas tot!
„Ich legte mich noch mal zu ihm ins Bett. Er lag so friedlich da, lächelte müde. Das Bett war mit unserer Valentinstag-Wäsche bezogen und so schön warm.“ Dann nahm sie Abschied von ihrem Mann – sieben Minuten lang. Genau die Zeit, so glaubt sie, in der das Gehör eines Verstorbenen nach dem letzten Herzschlag noch funktioniert.