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Schon 1350 Tote und 57000 Kranke

BILD in der Cholera-Hölle von Haiti

24.11.2010

Die Arme und Beine der Toten sind dünn wie Zweige. Totengräber tragen gelbes Ölzeug. Erst das Beben, jetzt die Cholera!

Die Arme und Beine der Toten sind dünn wie Zweige. Die Totengräber tragen gelbes Ölzeug, Atemmaske, Handschuhe, denn der Tod ist nun ansteckend. Erst das Erdbeben im Januar, jetzt die Cholera-Katastrophe!

Port-au-Prince, das Regierungsviertel, besser: das, was davon übrig ist. Ich war schon einmal hier. Im Januar, zwei Tage nach dem Beben, das Haiti verwüstet und 220 000 Menschen getötet hat. Elf Monate später, und alles ist wie damals: Die Trümmer eingestürzter Häuser, stinkende Müllberge, dazwischen unter Planen Obdachlose, 1,1 Millionen insgesamt.

Die prächtige Kuppel des Präsidentenpalastes ruht noch immer schief auf seinen Trümmern. Eine Cholera-Station von „Ärzte ohne Grenzen“ (MSF). Es ist heiß, unter Planen wimmern Kranke, es stinkt nach Exkrementen, Krankheit und nach Tod.

Die kleine Naive (5) ist furchtbar schwach, wie gekreuzigt liegt sie da, die Haut ganz grau, sie kann die Arme nicht mehr heben. Ein Tropf mit Wasser, Salz und Zucker hält sie am Leben. Naives Vater ist schon lange tot, das Beben nahm ihr auch die Mutter, nur Naives Oma (62) bangt nun am Krankenbett. „Ich will sie nicht auch noch verlieren“, sagt die alte Frau leise.

Seit Januar kämpfen Hilfsorganisationen aus aller Welt gegen die Folgen des Bebens. Sie bauen Kliniken und Schulen, bohren Brunnen, richten Kinderzentren ein. Und kaum hatte man das Gefühl: Jetzt geht es voran – da brach die nächste Katastrophe aus.

Nun also Cholera. 1350 Tote. 57 000 Kranke. Nur der Anfang, erzählt mir der Arzt Yves Lambert. Er erwarte „Hunderttausende Opfer“. Wenn unbehandelt, tötet Cholera binnen Stunden. „Die Krankheit saugt rapide alle Körperflüssigkeit auf“, erklärt mir eine Ärztin, „in einen Patienten haben wir 20 Liter Flüssigkeit gepumpt.“

In den Straßen von Port-au-Prince stehen pechschwarze Rauchschwaden über brennenden Barrikaden. Die Menschen in Haiti haben nichts, nur Angst um ihr Leben, davon aber reichlich. Immer wieder kippt die Verzweiflung um in Hass: gegen die Regierung, die nichts tut. Gegen UN-Blauhelme, die die Cholera eingeschleppt haben sollen.

Vor der Stadt haben sie frische Massengräber ausgehoben, gleich neben denen vom Januar. Die Toten werden mit Chlor behandelt und in wasserdichte Plastiksäcke gesteckt, damit sie das Grundwasser nicht verseuchen. Das Bakterium Vibrio cholerae tötet wahllos: Alte und Junge, Frauen und Männer.

Vincent (5) hat es nicht getötet, noch nicht: Erschöpft ist der Junge auf seiner Pritsche in der Cholera-Station eingeschlafen. Dutzende Fliegen sitzen auf seinem nackten Körper. Über eine Woche dauere sein Leiden schon, sagt sein Vater Paul Louiscent (25): „Es geht einfach nicht bergauf.“

JÖRG PILAWA BITTET UM HILFE FÜR HAITI

Jörg Pilawa (45) sah das Elend in Haiti mit eigenen Augen. Seine eindringliche Botschaft: „Vergesst die Menschen in Haiti nicht!“ Der Eindruck des ZDF-Stars nach einem Besuch des verwüsteten Landes: „20 000 Menschen in einem Notlager, kaum größer als ein Fußballfeld – unvorstellbare Zustände! Die Haitianer brauchen unsere Hilfe, um eine Chance zu haben, sich selber zu helfen.“

Als Pate wird Pilawa bei der „Ein Herz für Kinder“-Gala am 18.12. im ZDF auftreten. Die BILDHilfsorganisation, die schon 72 Stunden nach dem Beben Nothilfe leistete, unterstützt rund zehn Wiederaufbau-Projekte (Schulen, Kliniken, Kindergärten) in Haiti.

Themen: Gesundheit humanitäre Hilfe Medizin Naturkatastrophe Wiederaufbau