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Düsseldorf

Moazama möchte tanzen wie Cinderella

28.03.2018
Moazama (9) auf ihren Krücken vor dem Krankenhaus in Düsseldorf
Moazama (9) auf ihren Krücken vor dem Krankenhaus in Düsseldorf

Moazama (9) hat seit einem Unfall eine komplizierte Bein-Fehlstellung. Bald hat sie die nächste Operation

Das Florence-Nightingale-Krankenhaus in Düsseldorf: Moazama sitzt auf einem Stuhl und schweigt. Ihr Gesicht hat sie tief in ihrem Schal vergraben, während ihr behandelnder Arzt, Dr. Daniel Frank, über die  anstehende Operation des kleinen Mädchens spricht. Sechs Stunden wird sie an ihrem schwer verbrannten linken Bein operiert werden. Es ist ein komplizierter, aufwendiger Eingriff. Das Mädchen hört zu und sagt kein Wort. Die Besprechung mit dem Arzt geht zu Ende. Moazama nimmt ihre Krücken, rutscht flink vom Stuhl und eilt wackelig aber zielstrebig Richtung Kinderstation. Mit jedem Schritt weg aus dem Besprechungsraum entspannen sich ihre Gesichtszüge. Moazama wird noch oft operiert werden, dass weiß sie. Auch, dass es ihr hilft, ihrem Traum – irgendwann mal wie Cinderella mit einem Prinzen zu tanzen – näher zu kommen. Dennoch hat sie Angst vor dem Eingriff und hört nicht gern, was die Ärzte alles mit ihrem Beim machen werden. Rückblick: Moazama lebt mit ihrer Familie in Kabul, Afghanistan. Sie kommt gesund zur Welt, springt gern herum, tobt mit ihren sechs Geschwistern. Als sie vier Jahre alt ist, fällt sie mit den Beinen voran in eine offene Feuerstelle. Ihre Eltern verbinden die schweren Verbrennungen notdürftig mit Verbänden. Die Familie ist arm, die medizinische Versorgung schlecht. Auf Moazamas Haut bildet sich über Jahre zähes, unelastisches Narbengewebe. Ihre Beine können nicht normal wachsen, sie verbiegen sich. Das Mädchen kann sich nur noch kriechend fortbewegen.
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Die Beine des Mädchens sind durch die Verbrennungen verkrüppelt, werden begradigt
Im Sommer 2016, drei Jahre nach dem Unfall, kontaktieren ihre Eltern in Kabul eine Partnerorganisation vom „Friedensdorf International“ aus Oberhausen (NRW), die sich für verletzte Kinder aus Kriegs- und Krisengebieten einsetzt. Schnell wird entschieden: Moazama wird in Deutschland behandelt. Ganz allein reist die damals Siebenjährige nach Deutschland, mit einer kleinen Tasche unter dem Arm und der großen Hoffnung im Herzen, dass man ihr hier helfen kann. Die erste Operation im September 2017 verläuft gut, Moazamas rechtes Bein wird begradigt und geschient. Mit dem rechten Fuß kann sie bald schon wieder auftreten. Kurz nach Ostern wird jetzt die zweite Operation stattfinden. Das linke Knie wird begradigt und mit einem speziellen Aluminium- Gestell fixiert. BILD hilft e.V. „Ein Herz für Kinder“ übernimmt den Großteil der Kosten des Eingriffs. Doch es fehlen noch knapp 12 000 Euro.
Angekommen im Spielzimmer der Kinderstation schnappt die Neunjährige sich Stifte und Papier und beginnt zu malen: eine Prinzessin, ein Schloss, ein Pferd. „Cinderella“, sagt sie plötzlich und schaut hoch. „Das ist mein Lieblings-Film“, strahlt sie. Das schöne Kleid, und wie gut die Prinzessin ausschaut, wenn sie tanzt.
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Moazama im Krankenhaus. Sie malt gern.
Das Mädchen hat in den gut eineinhalb Jahren fließend deutsch gelernt. Und eigentlich ist sie gar nicht schüchtern, sondern sogar so etwas wie die „Anführerin“ der Kinderstation, erzählen die Krankenschwestern. Nur wenn es um die kommende Operation geht, wird sie still. Moazama möchte raus. Auf ihren Krücken stürmt sie nach vorn. „Kommt!“, ruft sie und ist schon um die Ecke gebogen. Auf der Straße bleibt sie vor einem großen weißgezeichneten Rollstuhl auf dem Asphalt stehen, der den Behinderten-Parkplatz markiert. Nachdenklich blickt sie auf die Markierung. „Das bin ich“, sagt sie leise. Dann hüpft sie mit ihren Krücken in die nächste Pfütze und ruft lachend: „Das war ich!“.
 
Themen: Operation