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„Ein Herz für Kinder“ unterstützt den Neubau des Hopp-Kindertumorzentrums

Neue Hoffnung für krebskranke Kinder

23.09.2022

Bjarne (9) springt unbeschwert auf dem Trampolin. Immer mit dabei: „Vogelkackmann“. So hat er seinen Hirntumor getauft.

Mit eineinhalb Jahren hält Bjarne seinen Kopf häufig schräg, Speichel läuft aus seinem rechten Mundwinkel. Das Laufen stellt er ein. „Beim Kinderarzt hieß es, dass das normal sein kann, wenn ein Kind gerade einen großen Entwicklungssprung gemacht hat“, erinnert sich Papa Henrick Clausing (48). Doch die Symptome bleiben bestehen, Bjarnes Zustand verschlechtert sich in den nächsten Wochen.

Im April 2015 erfolgt ein Ultraschall von seinem Kopf: „Die Ärzte haben uns gesagt, dass da etwas ist, was dort nicht hingehört“, sagt Papa Henrick. Kurz darauf die Diagnose: Bjarne leidet unter einem Hirntumor, der in der Nähe seines Stammhirns sitzt, einem sogenannten Pilomyxoides Astrozytom.

<strong>Eine MRT-Bildgebung gibt Gewissheit: Der helle Bereich in der Mitte des Gehirns zeigt Bjarnes Tumor, der dunkle Bereich darüber zeigt das Stammhirn</strong>
Eine MRT-Bildgebung gibt Gewissheit: Der helle Bereich in der Mitte des Gehirns zeigt Bjarnes Tumor, der dunkle Bereich darüber zeigt das Stammhirn

„Der Tumor konnte nicht operiert werden, wir haben mit einer Chemotherapie angefangen“, sagt Henrick Clausing.

Etwa ein Jahr wirkt die Chemotherapie gut, der Tumor schrumpft. Doch als Bjarne am ersten Weihnachtsfeiertag 2016 aus dem Familienbett krabbelt, fällt er immer wieder hin. Papa Henrick zu BILD: „Wir sind noch am gleichen Tag in die Klinik gefahren. Da hieß es, dass wir uns noch ein paar schöne Tage mit ihm machen sollen. Der Tumor wächst wieder.“

<strong>Bjarne mit 2 Jahren: Damals wurde er schon mit Chemotherapie gegen den Tumor behandelt</strong>
Bjarne mit 2 Jahren: Damals wurde er schon mit Chemotherapie gegen den Tumor behandelt

Um Bjarnes Leben zu retten, schlagen die Ärzte eine Antikörpertherapie vor. Ein sogenannter „individueller Heilversuch“, weil die Therapie für Kinder nicht zugelassen ist: Etwa eineinhalb Jahre sorgt das Medikament dafür, dass der Tumor wieder schrumpft. „Irgendwann war klar, dass auch diese Therapie nicht mehr wirkt und Bjarnes Organe zu stark belastet werden“, sagt Henrick.

Zu dem Zeitpunkt ist klar: „Wenn es keine andere Therapie für Bjarne gibt, wird er an dem Tumor sterben. Wir haben immer offen mit den Kindern darüber gesprochen. Das ist wichtig, um die Krankheit zu akzeptieren und damit zu leben“, sagt Papa Henrick, er arbeitet als Trauerredner und Trauerbegleiter und achtet sehr darauf, dass Bjarne und Schwester Ava ihre Ängste und Gefühle aussprechen und verarbeiten können.

Studie am KiTZ ermöglicht Genomanalyse des Tumors

Dann ein kleines Wunder: Die Familie erfährt von einer Studie am Hopp-Kindertumorzentrum Heidelberg (KiTZ). Das KiTZ gilt als eine der wichtigsten kinderonkologischen Forschungseinrichtungen in Europa, die Behandlung und neue Forschungsansätze unter einem Dach vereint. Die Klinik ist benannt nach Stifter Dietmar Hopp, dem die Gesundheit von Kindern ein besonderes Herzensanliegen ist – und wird unterstützt von der BILD-Hilfsorganisation „Ein Herz für Kinder“.

Die Studie ermöglicht, das Genom des Tumors zu analysieren. „Wir haben mitgemacht, damit Bjarnes Daten dazu beitragen, dass maßgeschneiderte Medikamente für andere Kinder erforscht werden können. Dass wir dadurch eine Therapie für ihn finden, daran haben wir in dem Moment gar nicht gedacht.“

IM DEZEMBER 2018 DIE WENDUNG!

Zwei Monate nach der Genomanalyse klingelt das Telefon von Familie Clausing: „Am anderen Ende war eine Ärztin, die geweint hat“, erinnert sich Schwester Ava (11) im BILD-Interview. Grund: Es gibt bereits eine zielgerichtete Therapie für Bjarnes Tumor!

Zielgerichtete Therapie lässt „Vogelkackmann“ schrumpfen

Die Genomanalyse ergibt, dass er die seltene NTRK-Genmutation IDEM hat. Das zielgerichtete Medikament Larotrectenib setzt genau an der Mutation IDEM an, soll so das Tumorwachstum hemmen. Das Besondere: Die Tabletten-Therapie wurde nicht für eine spezielle Krebsart entwickelt, sondern kann bei allen Krebspatienten mit der seltenen Mutation IDEM eingesetzt werden, ganz unabhängig davon, wo der Tumor im Körper sitzt.

Im Januar 2019 beginnt im Rahmen einer Studie am KiTZ die Therapie. Henrick zu BILD: „Nach alle den Therapien und schlimmen Nebenwirkungen, die er hatte, musste Bjarne plötzlich nur noch Tabletten nehmen.“ Vogelkackmann schrumpft und schrumpft. „Der Tumor ist nicht vollkommen verschwunden, aber seit Jahren so stabil, dass Bjarne nur kleine motorische Einschränkungen hat“, sagt Henrick.

Im Januar 2021 konnte Bjarne das Medikament absetzen. Alle sechs Monate wird im MRT gecheckt, ob sein Tumor stabil ist.

Inzwischen geht der 9-Jährige in die dritte Klasse: Schwimmen und Sport sind seine Lieblingsfächer. Und wie ist sein Leben mit Vogelkackmann heute für ihn? „Ich möchte, dass Vogelkackmann weggeht. Aber mir geht es gerade ganz gut“, sagt er.

So gut, dass er ganz unbeschwert mit Schwester Ava (11) und Therapiehund Filou (9) im Kinderzimmer herumalbern kann. Immer mit dabei: Vogelkackmann, der weiter in seinem Kopf sitzt.

<strong>Kuscheln mit Mischling Filou (9): Der Therapiehund ist für die Kinder nicht nur Freund und Familienmitglied, sondern auch Tröster und Therapeut, wenn die Kinder Sorgen haben</strong>
Kuscheln mit Mischling Filou (9): Der Therapiehund ist für die Kinder nicht nur Freund und Familienmitglied, sondern auch Tröster und Therapeut, wenn die Kinder Sorgen haben

Mithilfe von „Ein Herz für Kinder“ entsteht das neue Hopp-Kindertumorzentrum

In diesem Zentrum sollen bald Forschung und Klinik unter einem Dach vereint werden, um kleinen Krebspatienten wie Bjarne die Chance auf neue Therapien zu geben. Die Chance auf ein Leben. Im Neubau des Hopp-Kindertumorzentrums Heidelberg (KiTZ) werden mehr als 200 Ärzte, Wissenschaftler und Experten daran arbeiten, maßgeschneiderte Ansätze für eine bessere Diagnostik und Behandlung krebskranker Kinder zu entwickeln.

Die BILD-Hilfsorganisation „Ein Herz für Kinder“ unterstützt den Neubau. Die Dietmar Hopp Stiftung und Stifterin Gerda Tschira sind Bauherren und tragen einen erheblichen Teil der Bausumme. Auch Manfred Fuchs beteiligt sich mit einer Spende.

Beim Spatenstich am Donnerstag kamen Ministerpräsident Winfried Kretschmann (74, Grüne), die Spender und Ärzte des Universitätsklinikums Heidelberg (UKHD) und des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) zusammen.

„Durch diesen innovativen Neubau werden in Baden-Württemberg einmal mehr neue Maßstäbe in international anerkannter Forschung und zugewandter Patientenversorgung gesetzt. Wir sind den Stiftern außerordentlich dankbar, dass sie die Voraussetzungen hierfür schaffen“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann.

Das Land stellt den Baugrund zur Verfügung, um den Medizinstandort Heidelberg weiter zu stärken. Die Forschungsergebnisse würden nicht nur Kindern und Jugendlichen in der Umgebung helfen, sondern jungen Patientinnen und Patienten weltweit, so Kretschmann.

Stifter Dietmar Hopp dankte dem Ministerpräsidenten für seine Unterstützung des Projekts und hob die gute Zusammenarbeit mit beteiligten Ministerien und Behörden hervor. „Ich freue mich, dass wir heute ein neues Kapitel in der Bekämpfung von Krebserkrankungen bei Kindern aufschlagen können. Mit dem Neubau entsteht ein bundesweit einmaliges Gebäude, das die besten Voraussetzungen für die Behandlung der jungen Patientinnen und Patienten bietet und exzellente Forschung ermöglicht, um ihre Heilungschancen zu erhöhen“, so Dietmar Hopp. Einer der Gründe für Dietmar Hopp, 1995 seine Stiftung zu gründen, war die Sorge, einer seiner Söhne könne an Krebs erkranken. Projekte in der Kinderkrebsforschung gehörten zu den ersten, die die Stiftung unterstützt hat. Die Erforschung und Behandlung von Kinderkrebserkrankungen ist dem Stifter ein Herzensanliegen und macht bis heute einen wichtigen Teil der Stiftungsarbeit aus.

Stifterin Gerda Tschira sagte: „Es freut mich, dass den betroffenen Kindern bald sehr individuell geholfen werden kann.“ Die Stifterin wies auf den besonderen Charakter des Neubaus hin. Neben Forschung und Behandlung gehe es auch darum, für die Patientinnen und Patienten und ihre Angehörigen ein Umfeld zu schaffen, in dem sie sich wohlfühlen. „Es ist wichtig, dass die kranken Kinder ihre Eltern und Geschwister als Stütze dabeihaben können, und zwar in sehr schönen, durchaus gemütlichen und gleichzeitig hochmodernen und medizinisch funktionalen Zimmern“, unterstrich Gerda Tschira.

Das KiTZ gilt als eine der wichtigsten kinderonkologischen Forschungseinrichtungen in Europa. In Deutschland sterben immer noch jedes Jahr mehr als 400 Kinder an Krebs. Sarah Majorczyk, Vorsitzende von „Ein Herz für Kinder“: „Jedes fünfte Kind, das in Deutschland an Krebs erkrankt, überlebt das schwere Leiden nicht. Mitzuhelfen, daran etwas zu verändern, ist unserem Verein ein großes Anliegen.“

So können Sie helfen

Die BILD-Hilfsorganisation „Ein Herz für Kinder“ setzt sich mit aller Kraft dafür ein, die Versorgung und Behandlung von kleinen Krebspatienten zu verbessern und die Forschung in diesem Bereich voranzubringen. Neben dem Hopp-Kindertumorzentrum unterstützt der Verein großangelegte Studien an der Charité in Berlin, die schwerkranken Kindern die Möglichkeit auf neue Medikamente und Therapiewege bietet.

Außerdem fördert der Verein die Stiftung „Humor hilft heilen“ an der Uniklinik Bonn. Hier werden kleine Krebspatienten in ihrem tristen Krankenhausalltag von speziell geschulten Klinik-Clowns begleitet. Die Clowns bringen die Kinder bis in den OP und schenken ihnen Mut und Zuversicht. Außerdem unterstützt der Verein das Versorgungsprojekt „Aktiv gegen den Krebs! Sporttherapie für kleine und große Kämpfer“ an der Uniklinik Essen.

Wenn auch Sie helfen möchten, spenden Sie bitte an:

BILD hilft e. V. Ein Herz für Kinder

IBAN: DE60 2007 0000 0067 6767 00

BIC: DEUTDEHH

Online spenden Sie bitte unter www.ehfk.de oder unter www.paypal.me/einherzfuerkinder

Themen: Chemotherapie Erkrankung