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Hilfe für die Schülerin

Rachel vom Stiefvater missbraucht

26.03.2007

Der kleine Junge kuschelt sich eng an seine Mama, schaut sie mit großen Augen an. Die junge Mutter streichelt ihm liebevoll übers Gesicht.

Der kleine Junge kuschelt sich eng an seine Mutter, schaut sie mit großen, braunen Augen an. Die Mama streichelt ihm liebevoll übers Gesicht, er ist ihr ganzer Stolz. Nachdenklich sagt Rachel (17): „Ich habe mich damals gefragt: Will ich das Kind? Schaffe ich das allein?“

Heute weiß sie: „Sascha ist nur mein Kind, meins allein. Und ich liebe ihn über alles.“ Rachel hat zarte Gesichtszüge und lustige Sommersprossen auf der Nase. Aber sie wirkt zu ernst für ihr Alter, viel zu erwachsen.

Vier Jahre lang hielt sie vor der Mutter, dem leiblichen Vater, ihrer Oma und den Geschwistern geheim, dass der Stiefvater sie immer wieder missbrauchte – insgesamt 120-mal.

Vier Jahre, in denen sie allein war mit ihren Qualen. „Mein Stiefvater hat mir gedroht, dass wir ohne ihn nichts zu essen hätten“, erzählt Rachel. „Ich wollte nicht das Leben meiner Geschwister zerstören.“ Mit 14 wurde sie schwanger, mit 15 bekam sie das Kind.

ERST ALS SASCHA VIER MONATE ALT WAR, FLOH SIE ZU IHRER OMA.

„Mein Stiefvater ließ mich nicht aus dem Haus. Er war eifersüchtig und besitzergreifend“, sagt Rachel. Sie war damals schon wieder schwanger, doch für dieses zweite Baby fehlte ihr die Kraft. Sie trieb es ab.

Als das Jugendamt sich weigerte, ihrer Mutter das Sorgerecht für sie zu entziehen, erzählte sie ihrem leiblichen Vater die schlimme Wahrheit. Der Vater sagt: „Ich war wütend und geschockt. Wir sind noch nachts zur Polizei gefahren; haben Anzeige erstattet.“

Zweimal musste Rachel von dem Missbrauch erzählen, auf der Wache und später im Gerichtsaal. Dort saß sie ihrem Stiefvater zum ersten Mal wieder gegenüber, aber er schaute sie nicht an.

Zu 5 Jahren und 10 Monaten Haft verurteilte das Landgericht Trier den Postbeamten im August 2006 wegen schweren sexuellen Missbrauchs. Rachels Mutter umarmte ihren Mann im Gericht, sah ihre Tochter nicht an.

Rachel traurig: „SIE WARF MIR VOR, ICH SEI EIN FLITTCHEN UND SELBST SCHULD.“

Seit zwei Jahren lebt Rachel jetzt mit Sascha bei ihrer Großmutter in Kayl, einer kleinen Stadt in Luxemburg. Sie macht gerade ihren Realschulabschluss, ab Sommer will sie eine Ausbildung bei einem Pflegedienst anfangen.

Und sie hat einen Freund, Danny (20), er ist Elektriker. „Er drängt mich zu nichts und ist immer für mich und Sascha da“, sagt sie.
Sie leidet immer noch darunter, „dass sich meine Geschwister von mir abgewendet haben“. Ihre Schwester Kim (13) schrieb ihr: „Du hast unser Leben zerstört. Du bist schuld, dass der Vater deiner Geschwister weg ist.“

Rachel hofft: „Vielleicht werden sie irgendwann verstehen, dass ich nicht anders handeln konnte …“

Themen: Kinderschutz Missbrauch