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Maiti Nepal

Die vergessenen Kinder von Kathmandu

23.11.2009
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Ein Kinderleben ist nicht viel wert in Nepal, einem kleinen Land am Fuße des Himalaja. Projekte wie das Waisenhaus „Maiti“ kümmern sich.

Ein Kinderleben ist nicht viel wert in Nepal, einem kleinen Land am Fuße des Himalaja zwischen Indien und China. Projekte wie das Waisenhaus „Maiti“ kümmern sich, unterstützt von der BILD-Hilfsorganisation „Ein Herz für Kinder“, um die Kinder, die niemand haben will. BILD-Reporter besuchten das Waisenhaus, erzählen die unglaublichen Schicksale der vergessenen Kinder von Kathmandu.

Video: Maiti in Nepal

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Hätte Vedan nicht so laut geweint, vielleicht hätten ihn die wilden Hunde gefressen. Oder die Schweine, die mit ihren Schnauzen durch die Müllhaufen an den Straßen von Kathmandu buddeln. Vedan schrie um sein Leben. Eine Frau bemerkte das Baby, bevor Hunde und Schweine es taten. Es lag am Straßenrand im Müll, gewickelt in ein grobes Tuch, von der Mutter weggeworfen wie eine alte Puppe. Die Frau gab Vedan im Waisenhaus von „Maiti“ ab.

Video: Maiti-Heime in Nepal

[jwplayer player=“1″ mediaid=“39573″] Ein Jahr später. Vedan, gelbe Hosen, große Augen, tapst durch den Garten des Waisenhauses. Eine Kindergärtnerin kitzelt ihn, Vedan gluckst vor Glück. 500 Kinder leben im Kinderdorf der Organisation in Kathmandu, die von der BILD-Hilfsorganisation „Ein Herz für Kinder“ unterstützt wird. Kinder wie Vedan: vergessen, verraten, weggeworfen, verkauft. Kinder, die niemand wollte. Die keine Eltern mehr haben, oder solche, denen sie lästig waren. Kinder wie Jenny. Ihre Mutter war erst 14, arbeitete als Zimmermädchen in einem kleinen Hotel. Niemand wusste, dass Jennys Mama schwanger war. Bis zum 7. Monat verbarg sie ihren Bauch unter einem weiten Sari. Als die Familie die Schwangerschaft bemerkte, stellte sie Jennys Mama vor die Wahl: das Kind oder du. Mutter und noch nicht verheiratet! Eine Schande! Jennys Mama lief zu Maiti, brachte Jenny auf die Welt. Das Haar des Mädchens ist blond, fast grau. Nepalis sehen so nicht aus. Jennys Mama weinte, als sie von dem Mann erzählte, einem Ausländer aus Europa, seinen Namen kannte sie nicht. Immer wieder kam er in ihr Hotel, nahm sich, was er wollte, vergewaltigte sie, bis sie irgendwann schwanger wurde. Jennys Mutter litt und schwieg, wer würde ihr schon glauben, einem einfachen Zimmermädchen? Einen Tag nach der Geburt ging die junge Mutter, ohne sich umzudrehen. Ihr Baby ließ sie zurück; sie gab ihm nicht mal einen Namen. Die Kindergärtnerinnen tauften das Mädchen Jenny, weil das europäisch klingt. 500 Kinder. 500 Geschichten. Eine schlimmer als die andere. Ausgesetzt. Weggeworfen. Verschleppt, verkauft. Allein im letzten Jahr nahm Maiti 96 Kinder auf, die in Bordellen im Nachbarland Indien anschaffen mussten. Die Hälfte von ihnen ist HIV-positiv. Es gibt in Indien Menschen, die glauben: Wenn man Sex mit einer Jungfrau hat, geht die HIV-Infektion weg. Für die Kinder, die es nicht schaffen, wurde ein Hospiz gegründet. „Dort warten sie auf den Sonnenuntergang ihres Lebens“, sagt Maiti-Gründerin Anuradha Koirala. „Und zwar friedlich und in Würde.“ Frieden. Würde. Liebe, Zuneigung, Beachtung: Viele Kinder erfahren das bei Maiti zum ersten Mal in ihrem Leben. Sie lernen lesen und schreiben, später ein Handwerk oder wie man einen Computer bedient. Mit 18 ziehen sie aus, gerüstet für ein eigenständiges Leben. Oder sie bleiben für immer bei Maiti. Wie Punam. Das Mädchen ist 19 und selbst ein Waisenkind, sie wurde von ihrer Mutter nach Indien verkauft, dort in einem Bordell gefangen gehalten. Nach einem Jahr wurde sie gerettet. Sie kam zu Maiti und blieb, jetzt arbeitet sie im Kindergarten, kümmert sich um Jenny, Vedan und die anderen Kinder. „Ich weiß, wie sie fühlen“, sagt Punam. „Ich möchte den Kindern die Liebe geben, die ich nie erfahren habe.“
Themen: Kinderschutz